Die beiden folgenden Zitate sind dem aktuellen Koalitionsvertrag entlehnt:

  • „Sachsen ist ein Land des Sports und steht in der Tradition von unzähligen Olympiasiegen und einer reichen Vielfalt des Vereinssports.“
  • „Wir unterstützen die Strukturen des organisierten Sports und stärken die Vereinslandschaft“

Mit Betrachtung des nun vorliegenden Doppelhaushalts des Freistaats Sachsen lesen sich diese Zeilen mit sehr viel bitterem Beigeschmack. Selbstverständlich ist dem Landessportbund Sachsen und dessen Mitgliedsorganisationen die angespannte finanzielle Situation in Sachsen bewusst. Die größte Bürgerorganisation im Freistaat Sachsen hatte aber aufgrund der herausragenden Arbeit der tausenden Ehrenamtlichen gehofft, dass die finanzielle Ausstattung im nächsten Doppelhaushalt auf einem höheren Level fortgeführt wird. Mittlerweile sind weit über 720.000 Mitgliedschaften in über 4.300 Vereinen im organisierten Sport in Sachsen zu verzeichnen. Die Sportfamilie ist mit der Ausnahme der Pandemiejahre kontinuierlich in den letzten 35 Jahren gewachsen. Dies ist vor allem ein Verdienst von mehr als 80.000 Ehrenamtlichen im System. Jetzt einen überhöhten Sparzwang im Sport anzusetzen, gefährdet die nachhaltigen Strukturen im Sport und stellt mit Sicherheit keinen Lösungsansatz für die Zukunft dar. Um in der Sportsprache zu bleiben - das ist kein Fairplay sondern höchstens Foulspiel!

Angesichts von Einsparungen von fast 25% - ein Minus von ca. 15 Millionen Euro - im gesamten Sportbudget (im Gegensatz zum Haushalt 2024) kann keinesfalls mehr von kleinen Korrekturen gesprochen werden.

Wir müssen mit starkem Bedauern feststellen, dass unsere Forderungen ganz offensichtlich kein Gehör fanden.

Sportminister Armin Schuster betonte erst vor Kurzem in der 7. Plenarsitzung am 12.02.2025, dass „Sachsen mit absoluter Sicherheit aufgrund des gesellschaftlichen Mindsets der Bevölkerung zu den Bundesländern gehört, die das breiteste Bekenntnis zum Sport haben. Deshalb ist Sachsen auch Sportland, und nicht in erster Linie wegen der Medaillen, sondern weil die Menschen hier Sportler sind.“

Darüber hinaus sprach er allen Sportbegeisterten aus dem Herzen, als er herausforderte: „Wer tritt gegen mich an? Ein Sport-Euro, und ich zähle Ihnen den Return auf: Haltung, Teamgeist, Disziplin, Ehrgeiz, Integration, Inklusion, körperliche Fitness, seelische Fitness – ich könnte jetzt so weitermachen. Welcher andere Euro aus dem Haushalt dieses Landtags bringt so viel sozialen Return?“

Der organisierte Sport in Sachsen fragt sich tatsächlich nach dieser Plenarsitzung:

  • Welchen wirklichen Stellenwert hat der organisierte Sport im Freistaat?
  • Wie soll die absolut notwendige und stets beteuerte Basisarbeit mit Kindern im Verein noch funktionieren?
  • Wer kümmert sich um ein gesundes Aufwachsen?
  • Wie bezahlen wir im Sport notwendiges Personal zur Unterstützung vielfältiger ehrenamtlicher Vereins- und Verbandsführungen?
  • Wie sollen der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Demokratiebildung noch umgesetzt werden?
  • Wie sollen noch olympische, paralympische oder World-Games-Medaillen errungen werden?

Bei der frühkindlichen Bewegungsförderung spielen Vereine eine herausragende Rolle. Wenn diese Säule, insbesondere im ländlichen Raum, wegbricht, wer kümmert sich um ein gesundes Aufwachsen? In den Städten weisen viele Vereine mittlerweile lange Wartelisten auf und können aufgrund von Sportstättenknappheit oder dem existierenden Sanierungsstau keine zusätzlichen Kinder mehr aufnehmen. Anschließend daran ist eine aktive Bewegung in der Schule ein entscheidender Baustein. Neben dem regulären (schon gekürzten) Sportunterricht sind seit Jahren Ganztagsangebote ein probates Mittel. Allerdings ist auch hier im Doppelhaushalt eine empfindliche Reduzierung, um ein Viertel der Summe, zu konstatieren.

In den gesellschaftlich herausgehobenen Bereichen der Inklusion im Sport (trotz Zusagen beim Sportgipfel in 2024) und der Integration durch Sport (Projekt "Förderung der Integration von Flüchtlingen durch Sport") wurden die Unterstützungsgelder gänzlich gestrichen – was im klaren Gegensatz zu der Formulierung im Koalitionsvertrag steht. Diese Entwicklung führt, neben dem gesellschaftlichen Aspekt, auch unweigerlich zum Verlust von Arbeitskräften, Know-how und vor allem Zukunftsperspektiven. Der niedrigschwellige Zugang dieser Personengruppen wird massiv erschwert und viele Menschen können zukünftig durch den organisierten Sport nicht mehr erreicht werden. Können und wollen wir uns das leisten?

Die Struktur des Hauptamtes der Kreis- und Stadtsportbünde, der Landesfachverbände sowie der Vereine mit seinen ca. 400 Beschäftigten, welche gemeinsam mit unseren ehrenamtlich Engagierten, das Rückgrat des organisierten Sports darstellt, wird durch die zu geringen finanziellen Mittel im Doppelhaushalt 2025/2026 nachhaltig gefährdet. Es drohen Abwanderungen in andere Berufsfelder oder sogar Arbeitsplatzverluste.

Sachsen möchte sich mit Leipzig als Co-Gastgeber für die Austragung von Olympischen und Paralympischen Spielen bewerben und damit ein klares Zeichen in die Welt senden. Doch müssen wir uns ernsthaft fragen, mit welchen Sportstätten, Athletinnen und Athleten, Nachwuchstalenten sowie Trainerinnen und Trainern wir hier vertreten sein sollen? Die Investitionen in Sportstätten sind in den kommenden Jahren auf einem extrem niedrigen Niveau angesiedelt. Dem Sanierungsstau können wir damit keinesfalls begegnen. Wenn wir ins Nachbarbundesland Thüringen blicken, stellen wir aber fest, dass dort genau das Gegenteil passiert – es wird deutlich mehr Geld in die kommunalen Sportstätten investiert.

Zusätzlich braucht es gut ausgebildete Trainerinnen und Trainer für unsere sächsischen Nachwuchstalente und insbesondere, um Spitzensportlerinnen und -sportler an die Weltspitze zu führen. Dazu bräuchte es eine angemessene Bezahlung. Im Jahr 2025 wird es keinerlei Aufwuchs für das Leistungssportpersonal geben. In 2026 ist ein Anstieg um 1,5 Millionen Euro avisiert, der bei fast 180 angestellten Personen aber kaum zu nennenswerten Anpassungen führen wird. Auch hier lohnt sich ein Ausflug in ein Nachbarbundesland – diesmal nach Sachsen-Anhalt. Dort werden die angestellten Trainerinnen und Trainer seit 2024 deutlich besser entlohnt (Tarifvertragstreue). Es droht in diesem Bereich eine Abwanderung unseres gut ausgebildeten Personals.

Das im letzten Doppelhaushalt eingeführte Ehrenamtsförderungsprogramm war ein riesiger Erfolg und zeigte deutlich die Wertschätzung am ehrenamtlichen Wirken in den sächsischen Vereinen. Dieses Programm ist für 2025 ausgesetzt und wird in 2026 auf erkennbar niedrigerem Niveau fortgesetzt. Um die Übungsleiterinnen und -leiter im Nachwuchsbereich gut auszubilden, wäre es absolut wichtig endlich das Thema „5 Tage Bildungsfreistellung“ auch in Sachsen gesetzlich umzusetzen. Ansonsten droht ein noch größerer Aderlass in der Ausbildung von Nachwuchstalenten. Die Bildungsfreistellung wäre ein klares Zeichen der Wertschätzung und Würdigung des Engagements unserer vielen tausend Ehrenamtlichen im Freistaat.

Eine weitere, nicht zu verachtende Perspektive ist, dass die über 4.300 Vereine mit ihren über 720.000 Mitgliedern für Sachsen neben den sozialen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Aspekten eine messbare Wertschöpfung betreiben und hiermit einen wichtigen Wirtschaftsfaktor für Sachsen darstellen, welcher nun gefährdet ist.

Die fehlende finanzielle Unterstützung und die beschriebenen Kürzungen in den nächsten vier Jahren führen in Sachsen definitiv zu einer erheblichen Schwächung im System des organisierten Sports - angefangen vom Sport für die Kleinsten in unserer Gesellschaft über den Breiten-, Nachwuchs- und Leistungssport, bis hin zum Präventions- und Rehabilitationssport sowie dem Zusammenhalt in den Bereichen Inklusion und Integration.

Gesundheitsministerin Petra Köpping, sagte: „Das kraftvolle gemeinsame Handeln für die Menschen in unserem Land stärkt auch den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.“ „Nur gemeinsam kann die Demokratie gestärkt werden“.

Mit diesem aktuellen Handeln ermöglichen wir ganz sicher keine Investitionen in Sachsens (sportliche) Zukunft.

Dringender denn je braucht Sachsen den Sport und umgekehrt. Sport macht Spaß und im Idealfall auch Lust auf Leistung. Gesundheitsförderung und Wertevermittlung stehen ganz oben, was letztendlich unserer Gesellschaft den nötigen Zusammenhalt gibt. Er hat eine enorme Bedeutung für Integration und Inklusion ebenso wie für Prävention und Rehabilitation.

Der Ministerpräsident führte u. a. am 19.03.2025 aus: „Das #Sondervermögen bedeutet 500 Mio. Euro, die jährlich nach #Sachsen kommen. Wir haben uns für den Freistaat vorgenommen, einen #Sachsenfonds zu gründen, aus dem das Geld in Investitionen weitergeleitet wird, um Wachstum für das Land zu schaffen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Das Geld soll gezielt dort eingesetzt werden, wo es vor Ort gebraucht wird.“

Gerade um ein Wachstum zu schaffen, braucht es jetzt zielgerichtete Maßnahmen und eine Investition in den organisierten Sport auf einem deutlich anderen finanziellen Level und nicht Kürzungen auf ganzer Linie!

Über Kürzungen und Streichungen und vor allem deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, sollte noch einmal intensiv nachgedacht werden. Der Landessportbund Sachsen steht für ein ganz klares Miteinander und bietet natürlich an, in einen zielgerichteten Dialog einzutreten und gemeinsam an adäquaten Lösungen zu arbeiten.