Der Begriff „Kader“ beschreibt einen Kreis besonders qualifizierter Führungskräfte, welche innerhalb der eigenen Organisation rekrutiert wurden. Im Sportsystem definiert er die Auswahl an Talenten, die die notwendigen altersabhängigen Leistungsvoraussetzungen zum Erreichen von Weltspitzenleistungen im Erwachsenenbereich erfüllen. Die implizierte Zielstellung lautet, Spitzenleistungen bei internationalen Großsportereignissen zu erzielen. Das primäre Ziel lautet nicht Kader zu entwickeln. Was nützt die größte Anzahl an Bundeskadern, wenn keiner der Sportlerinnen und Sportler international konkurrenzfähig ist? Die Talentiertesten jeder Trainingsetappe sollen gezielt gefördert werden. Dazu werden sie auf Basis festgelegter Kriterien in einen Kader berufen. „Die Berufung in einen Kader setzt immer ein in der Regel mehrjähriges Training voraus. Der Begriff Förderung darf dabei nicht auf den rein finanziellen Aspekt reduziert werden. Von entscheidender Bedeutung ist die alters- und trainingsetappenbezogene Gewährung der erforderlichen inhaltlich-organisatorischen Unterstützungen für erfolgreiche sportliche Entwicklungsverläufe.“
Neuausrichtung der Kaderstruktur
zoomNichtsdestotrotz ist einiges von der Kaderentwicklung abhängig – von den Unterstützungsleistungen für die Sportlerinnen und Sportler, der Erfolgsbewertung des Trainerpersonals, über die Stützpunktanerkennung bis zur Fördereingruppierung der Vereine und Fachverbände. Am Kader hängt sehr viel. Aus diesem Grund wurde dem Kadersystem in Deutschland auch im Rahmen der Leistungssportreform viel Aufmerksamkeit geschenkt. Im Konzept zur „Neustrukturierung des Leistungssports“ von DOSB, Bund und Ländern wurde 2016 eine Neuausrichtung und Konzentration der Kaderstruktur gefordert. Konzentration bedeutete in diesem Fall eine Reduktion der Anzahl von Bundeskadern um bis zu 600 Kaderstellen. Dies war insofern nicht ganz unbegründet, da vor allem im B-Kader der Spitzenfachverbände sowie deren Sonderformen eine Vielzahl von Sportlerinnen und Sportler berufen wurde, deren Leistungsperspektive limitiert war, die aber im Gesamtsystem hilfreich waren, zum Beispiel als Trainingspartner.
In Bezug auf die Neuausrichtung ging es im Wesentlichen darum, Athletinnen und Athleten mit vier- (Olympiakader) bzw. achtjähriger (Perspektivkader) Entwicklungsorientierung zu unterscheiden sowie Trainingspartner auch als solche zu kennzeichnen (Ergänzungskader). Damit verbunden war die Änderung der Begrifflichkeiten bis auf die Landesebene, die zu Beginn 2018 durch den DOSB eingeführt wurde und die Übersichtlichkeit im gesamten Kadersystem erschwerte. Somit umfasst der Landeskader als Überbegriff, den NK2 sowie den L-Kader (Landeskader), also den bisherigen D-Kader. In Sachsen war mit L-Kader bislang ein Übergangskader für perspektivreiche ehemalige Bundeskader sowie Landeskader, die nur knapp an der Bundeskaderberufung gescheitert sind, bezeichnet. Allein diese begrifflichen Überschneidungen machten eine Überarbeitung der sächsischen Struktur zwingend notwendig.
Deutschlandweit einheitliche Landeskaderkriterien
Ferner dringt der DOSB verstärkt darauf, bundeseinheitliche Landeskaderkriterien über die Spitzenfachverbände durchzusetzen. Dies bedeutet, dass sich die Anzahl der jährlich berufenen Landeskader (NK2 und L-Kader) vermutlich reduzieren oder zumindest größeren Schwankungen unterliegen wird und damit deutlich schwerer zu kalkulieren sein wird. Eine Abfrage des Landessportbundes (LSB) bei den sächsischen Landesfachverbänden (LFV) hat ergeben, dass nur etwa ein Fünftel der Verbände die bisherigen Vorgaben des LSB zur Verweildauer im D-Kader von drei bis vier Jahren einhält. Der größte Anteil der LFV übersteigt die Vorgabe erheblich. Begründet wird dies darin, dass Sportlerinnen und Sportler nach Erreichen des NK1-Alters bei Nicht-Berufung zur Weiterentwicklung der Bundeskader dennoch im Wettkampf- und Trainingssystem gehalten werden sollen, je nach Qualität der NK1/2-Berufungskriterien vorrangig akzelerierte Sportlerinnen und Sportler berücksichtigt werden und nicht zuletzt kommunale Sportförderung in vielen Fällen an der Anzahl der Landeskader orientiert wird.
Unter Beachtung der Vorgaben des DOSB hat der Landesausschuss Leistungssport des LSB eine Anpassung der bisherigen sächsischen Kadersystematik vorgenommen, die die Bedeutung der notwendigen Breite im Grundlagen- und Aufbautraining sowie der Landesförderung auch im Anschlusstraining berücksichtigt. Danach umfasst der Landeskader den NK2 sowie den eigentlichen Landeskader, der in den LK1 und LK2 differenziert wird. Die Berufungskriterien für den NK2 und den LK1 legen die Spitzenfachverbände fest. Für den LK2 hat der LFV die Hoheit der Kriteriumsauswahl mit dem Ziel, retardierte Sportlerinnen und Sportler sowie Quereinsteiger in die Förderung aufzunehmen, ohne sie dem LK1 gleichzustellen. Der bisherige E-Kader wird aufgrund der Verwechslung mit dem Ergänzungskader in Grundlagenkader (GK) umbenannt, wofür der LFV ebenfalls die Berufungskriterien definiert. Die landesbezogenen Kaderstufen sind in der nebenstehenden Tabelle noch einmal beschrieben. Die bisherigen Vorgaben des LSB hinsichtlich der Kadergrößen definieren für den D-Kader ein Drittel der Bundeskadergröße (A-C), für den L-Kader maximal 10 Prozent der D-Kadergröße. Zukünftig wird der LSB die Kaderrichtgröße für den gesamten Landeskaderbereich, der den NK2, LK1 und LK2 umfasst, analog der bisherigen Vorgehensweise an der Gesamtanzahl von NK1, PK und OK beziehungsweise vergleichbarer Kaderstufen in der Sportart orientieren. Die Richtgröße dient dabei als Basis für die Bestimmung der Gesamtförderung im Bereich Sportmedizin und den Lehrgängen in Unterrichtszeit.
Es bleibt zu hoffen, dass die bundeseinheitlichen Landeskaderkriterien, bei aller Notwendigkeit, durch die Spitzenfachverbände altersgerecht und ausbildungsorientiert gestaltet werden, um die entscheidende Arbeit an der Basis, in den Vereinen und LFV, als Voraussetzung zur Entwicklung von späteren Bundeskadern zu steuern, aber auch wertzuschätzen.
Ansprechpartner Leistungssport beim LSB