Informationen und weiterführende Arbeitshilfen zum Umgang mit extremen Positionen für Sportvereine

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Aktuell engagieren sich viele Menschen und Organisationen gegen rechtsextremes Gedankengut. Sie treten für Menschenrechte und unsere Demokratie ein - und damit für Themen, die für den organisierten Sport zentral sind. Der Wunsch, sich auch öffentlich dafür zu positionieren, ist bei vielen Sportorganisationen groß. Dabei gibt es offene Fragen, z.B.: Wie können wir uns als Verein gegen Extremismus positionieren? Dürfen wir uns explizit gegen bestimmte Parteien aussprechen, obwohl wir parteipolitisch neutral sind?

Diese FAQ-Sammlung (Frequently Asked Questions = oft gefragte Fragen) bietet erste Informationen und weiterführende Arbeitshilfen für Sportvereine zum Umgang mit rechtspopulistischen und extremen Positionen in der Gesellschaft. Hier erhalten Sie Antworten auf Fragen, die derzeit von Sportvereinen, Sportkreisen und Sportfachverbänden an uns herangetragen werden. 

 

FAQ: Was Sportorganisationen jetzt wissen sollten

Grundsätzlich gilt das Recht auf Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 1 GG auch für Sportvereine. Der Verein muss die allgemeinen Grundrechte beachten, so wie alle anderen Teilnehmenden der Demonstration auch. Darüber hinaus darf es sich nicht um eine Demonstration für oder gegen eine konkrete Partei handeln, sondern um eine öffentliche Versammlung zu (gesellschafts-)politischen Themen.

Gemeinnützige (Sport-)Vereine dürfen sich zu gesellschafts- und tagespolitischen Themen positionieren und auch zu Kundgebungen gegen Extremismus aufrufen, solange und soweit sie dabei parteipolitisch neutral bleiben. Bei den momentanen Kundgebungen wird gegen die Verbreitung menschenfeindlicher Positionen demonstriert, denn diese verstoßen gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und gegen die Werte des Sports.

Sportvereine als Teil unserer Gesellschaft dürfen sich gesellschaftspolitisch äußern und leisten mit ihrer Positionierung einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Demokratie. Die Vereinskultur selbst basiert auf demokratischen Grundwerten, wie mitgestalten, mitentscheiden und mitstreiten. Durch demokratie- und menschenfeindliche Aussagen von Organisationen und Parteien ist unsere Vereins- und Gesellschaftskultur unter Druck, Demonstrationen gegen Extremismus tragen zum Erhalt unserer offenen Vereinskultur bei.

Der Begriff des politischen Extremismus umfasst Bestrebungen, die den demokratischen Verfassungsstaat und seine fundamentalen Werte, seine Normen und Regeln ablehnen. Die grundlegende freiheitlich demokratische Grundordnung soll abgeschafft und sie durch eine der jeweiligen Vorstellungen entsprechende Ordnung ersetzt werden.

“Liebes Team, ..., wir, der (Vereinsname) stehen für Respekt, Vielfalt und Fairplay. Wir sind dankbar für unsere vielfältige Sportgemeinschaft. Wir verurteilen alle rassistischen, antisemitischen und menschenverachtenden Ideen, Äußerungen und Handlungen und treten diesen entschieden entgegen. Wenn extreme Parteien, Gruppierungen oder Akteure unsere demokratischen Strukturen angreifen, müssen wir gemeinsam aufstehen und laut werden, denn jetzt ist gemeinschaftliches Handeln jeder einzelnen Person gefragt.  Wir rufen euch dazu auf, an der (Veranstaltungsname) teilzunehmen, denn wir sind #dieMehrheit!”
Hinweis: Auch das Hashtag #SportlebtDemokratie kann verwendet werden.

Das parteipolitische Neutralitätsgebot ist ein verfassungsrechtlicher Grundsatz und wirkt für Sportvereine in das Recht der Gemeinnützigkeit hinein. Die Steuerbegünstigung für Sportvereine folgt aus deren Förderung eines gemeinnützigen Zwecks (i.d.R. Förderung des Sports gem. § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO). Sofern die finanziellen Mittel jedoch unmittelbar oder mittelbar zur Unterstützung einer politischen Partei verwendet werden würden, käme es zu einer nicht gewollten Parteienfinanzierung durch staatliche Funktionsträger unter dem Deckmantel des gemeinnützigen Sportvereins.

Die Gemeinnützigkeit eines Sportvereins ist nicht gefährdet, wenn sich dieser zu sport- und gesellschaftspolitischen Themen äußert, ohne eine konkrete parteipolitische Position zu beziehen. Dies gilt auch dann, wenn ein gesellschaftspolitisches Engagement nicht in der Satzung verankert ist.

Die gesellschaftspolitische Positionierung eines Sportvereins sollte jedoch immer einen Zusammenhang zur eigenen gemeinnützigkeitsrechtlichen Zweckverfolgung (i.d.R. Förderung des Sports) erkennen lassen und keine allgemein- oder parteipolitische Positionierung ohne Sportbezug darstellen.

Wichtige Fragen zur “Politischen Neutralität des Sports” wurden im Rechtsgutachten von Prof. Dr. Martin Nolte im Auftrag der Deutschen Sportjugend geklärt und sind in mehreren Erklär-Filmen sowie in einer praxisorientierten Broschüre anschaulich erläutert.

“Sportvereine haben das Recht zu gesellschaftspolitischen Positionierungen im Rahmen ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 GG sowie Art. 8 Abs. 1 GG. Das Gemeinnützigkeitsrecht verbietet allerdings allgemeinpolitische Positionierungen sowie parteipolitische Zweckverfolgung.(…)

Die steuerrechtliche Gemeinnützigkeit von Sportvereinen beruht im Allgemeinen auf der Förderung des Sports. (…) Ein gemeinnütziger Sportverein muss seinen gemeinnützigen Zweck „ausschließlich“ verfolgen. Die Verfolgung anderer, nicht gemeinnütziger Zwecke ist ihm nicht gestattet. Verfolgt ein Sportverein nur die Förderung des Sports, dann muss sich eine (gesellschafts-)politische Positionierung in diesem Rahmen bewegen. (…)

Die Grenzen zwischen einer zulässigen Positionierung zur Förderung des Sports (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 21 AO) und einer unzulässigen Positionierung außerhalb dieser gemeinnützigen Zwecksetzung ist fließend. Dabei lässt sich folgende Formel aufstellen: Je weiter sich eine (gesellschafts-)politische Positionierung von der Förderung des Sports im engeren Sinne entfernt, desto problematischer wird diese Positionierung mit Blick auf das Gemeinnützigkeitsrecht.“ (Auszug)

Nein, diese Abfrage ist nicht zulässig. Zudem darf eine Parteizugehörigkeit nicht als einziger Grund genannt werden, um eine Vereinsmitgliedschaft zu verweigern. Auch eine entsprechende Satzungsregelung ist nicht zulässig.  


Jeder Verein darf selbst entscheiden, welche Personen er aufnimmt und welche nicht. Eine Nichtaufnahme muss nicht begründet werden, sollte aber aus Vereinssicht immer inhaltlich begründbar sein, z.B. weil bekannt ist, dass diese Person einer extremen Gruppierung angehört oder rassistische Äußerungen in der Öffentlichkeit gemacht hat usw.

Zunächst einmal ist ein Sportverein nicht verpflichtet parteipolitische Vertreter/-innen zu Vereinsveranstaltungen einzuladen. Sofern dies jedoch gewollt ist, gilt auch hier das parteipolitische Neutralitätsgebot. Sportvereine dürfen somit nicht aufgrund ihrer Auswahl der Einzuladenden Parteipolitik betreiben. Eine Differenzierung im Rahmen der Einladung ist dennoch möglich, muss jedoch auf sachlichen Gründen beruhen.

Die Einladung oder Nichteinladung allein aufgrund der Parteizugehörigkeit wäre ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot. Eine mögliche Differenzierung kann sich jedoch aus den Kompetenzen zu bestimmten Themengebieten, der Kapazität der Räumlichkeiten oder den eigenen sportethischen Wertvorstellungen im Rahmen der Satzungszwecke ergeben.

Die Ausladung von Personen zu Vereinsveranstaltungen ist Sportvereinen ebenso erlaubt wie deren Einladung. Auch hier gilt, dass der Sportverein grundsätzlich frei darin ist zu entscheiden, wer an einer Veranstaltung teilnehmen darf und wer nicht. Dennoch muss auch die Ausladung auf sachlichen Gründen beruhen, um dem Grundsatz parteipolitischer Neutralität gerecht zu werden und dem Ausgeladenen keine Aufwendungen ersetzen zu müssen.

Ja, diese ist im Positionspapier von DOSB und dsj  (2020) zusammengestellt. Unter der Überschrift “Klare Haltung für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft” werden Richtlinien zum Umgang mit antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, Gruppierungen und Akteur*innen erläutert. Die Positionierung umfasst konkrete Umsetzungsmaßnahmen, z.B. gegen eine Einladung von rechtsextremen Akteuren zu Veranstaltungen des DOSB/der dsj, gegen die Besetzung von Gremien mit (Zitat) “Personen, die als Funktionsträger*innen oder aktive Mitglieder von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen erkennbar sind oder sich öffentlich klar gegen die Werte des Sports stellen”.

Ein Statement oder eine Positionierung des Vereins gegen Extremismus und für die Werte des Sports ist zulässig. Dies kann durch eine Satzungsergänzung, durch ein Leitbild oder auch durch das Aufhängen eines Banners in der Sporthalle oder vor dem Vereinsheim zum Ausdruck gebracht werden. Sportvereine sind zwar parteipolitisch neutral, aber nicht gesellschaftspolitisch neutral. Sie sind frei bzw. aufgerufen, sich zu positionieren und ggf. auch ihre Mitglieder zu schützen. Rechtsextreme oder rechtspopulistische Akteure, Organisationen oder Gruppierungen verstoßen gegen die Werte des Sports, vor allem gegen den zentralen Wert Vielfalt der Gesellschaft. Sie betrachten bestimmte Teile unserer Gesellschaft als “nicht zugehörig” und möchten diese Menschen ausschließen.

Der Sport hat für viele Menschen eine Vorbildfunktion, die weit über die bloße Sportausübung hinausgeht. Der Übergang von sportpolitischen zu gesellschaftlichen Themen ist fließend. Indem sich Vereine aktiv gegen Diskriminierung, Rassismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit aussprechen, senden sie eine klare Botschaft und vertreten offen die Werte des Sports, welche in die Bevölkerung getragen werden sollen 
Ein Verein, der sich gegen menschenfeindliche Positionen äußert, schützt Menschen innerhalb und außerhalb des Vereins, die von Diskriminierung betroffen sind und stärkt die Menschen, die sich für eine tolerante und offene Gesellschaft engagieren.

Prof. Dr. Martin Nolte hat in einem Rechtswissenschaftlichen Gutachten verschiedene Situationen zusammengestellt, mit denen Sportvereine in diesem Kontext konfrontiert sind. 

Weitere Informationen, Erläuterungen etc. sind auf der Seite “Sport mit Courage” der Deutschen Sportjugend (dsj) zusammengestellt. 

Der Landessportbund Sachsen hat gemeinsam mit der Sportjugend Sachsen auf der Website(LSB vertritt die Werte des Sports - Landessportbund Sachsen (sport-fuer-sachsen.de) ein Statement zur aktuellen gesellschaftspolitischen Lage abgegeben. Die Werte des LSB sind außerdem in seiner Satzung unter § 2 Abs. 3 verankert. Die Sportjugend Sachsen hat in ihrer Jugendordnung (insb. § 3) klare Grundsätze und Werte definiert, zu denen sie sich als Jugendorganisation im Sport in Verbindung mit der Satzung des LSB bekennt.

Das Projekt des Landessportbund Sachsen „Im Sport verein(t) durch Demokratie“ berät Sportvereine, Sportkreise und -verbände kostenlos und zeitnah bei Fragen im Kontext von: 

  • Demokratie(-feindlichkeit),
  • Rassismus,
  • Antisemitismus,
  • Behindertenfeindlichkeit,
  • (Rechts-) Extremismus,
  • wertebasierten Satzungsfragen,
  • Erstellung von Leitbildern.

Weitere Informationen

 

(Quelle: In Anlehnung an die Sportjugend des Landessportbundes Hessen.)