Kohlenhydrat-Mundspülung

Leistungssteigernde Effekte durch Mundspülungen mit Kohlenhydratlösungen

René Dolge zoom Haben Kohlenhydrat-Mundspüllösungen bei intensiver Trainingsbelastung einen leistungssteigernden Effekt? Dieser Frage geht unser Autor René Dolge im folgenden Artikel nach.

Zutaten

  • 1,0 Liter Wasser (oder Tee)
  • 64-100 g Maltodextrin (oder Traubenzucker)
  • 1,5 g Salz

Zubereitung/Anwendung

Zutaten für die Mundspülung mischen und während der Belastung aller 7-10 Minuten mit etwa 25 ml dieser Lösung den Mund für 10-15 Sekunden ausspülen und restlos ausspucken. Bis zum Ende der Belastungszeit (< 60 Minuten) wiederholen.

Nutzen für den Sportler

Im aktuellen Positionspapier der Diätassistenten Kanadas, sowie der Akademie Ernährung und Diätetik und dem American College of Sports Medicine ist unter dem Punkt „Leitlinien zur Kohlenhydratzufuhr“ auch etwas zum bereits seit 14 Jahren diskutierten Einsatz von Mundspülungen (mouth rinses oder mouth rinsing) mit kohlehydrathaltigen Getränken während intensiver Belastungen zu lesen [1]. Bei intensiven Belastungen von 45-75 Minuten Dauer (Wettkampf, Turnier oder Training) kann bereits die Spülung des Mundes (5-15 Sekunden) mit einem Kohlenhydratgel oder 25 ml eines Kohlenhydratgetränkes (8-10 g Kh, wie Traubenzucker oder Maltodextrin, pro 100 ml) – ohne dieses zu schlucken – die Leistungsfähigkeit aufrecht erhalten oder gar steigern [1]. Dieser Effekt soll durch Rezeptoren in der Mundschleimhaut ausgelöst werden, welche Reize zum Gehirn weiterleiten, die bspw. die Motivation erhöhen können [2; 8].

Asker Jeukendrup, einer der führenden Sporternährungs-Experten, hat einen Teil der aktuellen Literatur zum Thema auf seiner Homepage (www.mysportscience.com) zusammengefasst. Er schlussfolgert, dass Mundspülungen insbesondere bei kurzen und sehr intensiven Trainings- oder Wettkampfbelastungen die Leistungsfähigkeit steigern und vor allem den Punkt bis zur absoluten Erschöpfung nach hinten verschieben können [2]. Sie scheinen jedoch keinen Einfluss auf die Wahrnehmung oder Konzentrationsfähigkeit während der Belastung zu haben, da Blutzucker- und Insulinspiegel unangetastet bleiben [3].

Zu bedenken gilt dabei, dass Sportlerinnen anders auf die verschiedenen Möglichkeiten der Kohlenhydratzufuhr reagieren als Männer, was bisher viel zu selten in Studien überprüft wird. Dies zeigt sich z.B. in der Studie von Chryssanthopoulos und Kollegen [4]. Sie konnten zeigen, dass Frauen während einer 60-minütigen Laufbelastung keine leistungssteigernden Effekte durch die Mundspülung mit 25 ml einer 6,4 % Kohlenhydratlösung – im Vergleich zu Placebo – erfuhren [4]. Laut einer Meta-Analyse von de Oliveira und Kollegen sind zudem vermutlich keine positiven Effekte von Kohlenhydrat-Mundspülungen bei sehr kurzen Belastungen – wie etwa Sprints von wenigen Sekunden bis Minuten – zu erwarten, so dass die Untersucher deren Anwendung nicht empfehlen [5]. Sie scheinen ebenso wenig leistungssteigernde oder ergogene Auswirkungen auf die Körperkraft und Kraftausdauer während eines Wiederstands-/Krafttrainings zu haben [6].

Als Carter, Jeukendrup und Jones eine der ersten Studien zum Thema „mouth rinses“ veröffentlichten, waren die Erwartungen groß und viele weitere Studien folgten [8]: In den Untersuchungen, in denen Athletinnen und Athleten eine intensive Ausdauerbelastung von unter einer Stunde – im nüchternen Zustand (länger als 4 Stunden vor Start ohne Nahrungsaufnahme) – absolvierten, zeigten die Untersuchungen leistungssteigernde Effekte [2]. Hatten die Sportlerinnen und Sportler zuvor etwas gegessen oder tranken einfach Wasser nach Bedarf während der Belastung, so hatten die Kohlenhydrat-Mundspülungen im Vergleich keine oder wenig leistungssteigernde Effekte [7]. Die aktuellen Leitlinien empfehlen jedoch eine kohlenhydratreiche Mahlzeit 2-4 Stunden vor Wettkampf- oder Trainingsstart, so dass nur in speziellen Fällen nüchtern in ein Event gestartet wird [1; 9]. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Athletin oder der Athlet wegen Lampenfieber, Stress und Aufregung nichts zu sich nehmen kann/möchte oder – wie im Kampfsport üblich – nichts essen wollte um das Zielgewicht zu erreichen/halten.

Weiter gilt zu bedenken, dass Mundspülungen gerade bei Hitze keinen Flüssigkeits- oder Elektrolytersatz erzeugen und daher bei hohem Schweißverlust Leistungseinbußen zu erwarten sind, wenn keine weitere Flüssigkeit aufgenommen wird [7].

Insgesamt ist es schwierig ein grundlegendes Statement über die möglichen leistungssteigernden Effekte von Mundspülungen mit Kohlenhydratlösungen im Training und bei Wettkämpfen/Turnieren zu geben. Die Art der Studien, deren methodisches Vorgehen, die involvierten Teilnehmer, die verwendeten Belastungen und Ernährungsregimes lassen keine zusammenfassende Darstellung zu. Vermutlich sollte diese Art der Wettkampfverpflegung oder dieses Mittel zur möglichen Leistungsverbesserung für die Belange des individuellen Sportlers – zusammen mit Teamarzt, Trainer und Sporternährungsberater – vor der Anwendung diskutiert, geprüft, abgewogen und vor dem Einsatz im Wettkampf während des Trainings unter verschiedenen klimatischen Bedingungen getestet werden.

Unser Autor René Dolge ist staatlich anerkannter Diätassistent, trägt den Titel „M.Sc.Gesundheits- und Pflegewissenschaft" und arbeitet freiberuflich in der Diät- und Ernährungstherapie. Im Sachsensport und auf den Seiten des Landessportbundes Sachsen unter www.sport-fuer-sachsen.de stellt er monatlich neue praktische Beispiele für sportgerechte Ernährung vor.

Literatur:

[1] Dietitians of Canada, the Academy of Nutrition and Dietetics and the American College of Sports Medicine (Hrsg.) (2016). Nutriton and Athletik Performance. Abgerufen am 28.02.2018 von https://www.dietitians.ca/Downloads/Public/noap-position-paper.aspx [2] Jeukendrup, A. (2018). Performance effects of a mouth rinse updated. Abgerufen am 15.08.18 von http://www.mysportscience.com/single-post/2018/03/27/Performance-effects-of-a-mouth-rinse-updated [3] Ali, A., Moss, C., Yoo, M.J.Y., Wilkinson, Bernhard, A. & Breier, H. (2017). Effect of mouth rinsing and ingestion of carbohydrate solutions on mood and perceptual responses during exercise. Journal of the International Society of Sports Nutrition, doi: 10.1186/s12970-016-0161-8 [4] Chryssanthopoulos, C., Ziaras, C., Oosthuyse, T., Lambropoulos, I., Giorgios, P., Zacharogiannis, E., Philippou, A. & Maridaki, M. (2018). Carbohydrate mouth rinse does not affect performance during a 60-min running race in women. Journal of Sports Sciences, 36(7):824-833. [5] de Oliveira, J.J., Crisp, A.H., Gabriela, C., Barbosa, R., de Souza e Silva, A., Baganha, J. & Verlengia, R. (2017). Influence of Carbohydrate Mouth rinse on Sprint Performance: A Systematic Review and Meta-Analysis. Journal of Exercise Physiology, 20(3):88-99. [6] Dunkin, J.E. & Phillips, S.M. (2017). The Effect of a Carbohydrate Mouth Rinse on Upper-Body Muscular Strength and Endurance. Journal of strength an conditional research, 31(7):1948-1953. [7] Ferreira, A.M.J., Farias-Junior, L.F., Mota, T.A.A., Elsangedy, H.M., Marcadenti, A., Lemos, T.M.A.M., Okano, A.H. & Fayh, A.P.T. (2018). Carbohydrate Mouth Rinse and Hydration Strategies on Cycling Performance in 30 Km Time Trial: A Randomized, Crossover, Controlled Trial. Journal of sport science & medicine, 14;17(2):181-187. [8] Carter, J.M., Jeukendrup, A.E. & Jones, D.A. (2004). The effect of carbohydrate mouth rinse on 1-h cycle time trial performance. Medicine in Science and Sports, 36(12):2107-11. [9] Lane, S.C., Bird, S.R., Burke, L.M. & Hawley, J.A. (2013). Effect of a carbohydrate mouth rinse on simulated cycling time-trial performance commenced in a fed or fasted state. Applied physiology, nutrition and metabolism, 38(2):134-9.